Andere Projekte, für die umfangreiche Versuchsaufbauten bzw. Messeinrichtungen installiert wurden und immer Bestandteil einer oder mehrerer Promotionsarbeiten waren, sind:
- Automatische Prüfstraßen zur Auswertung von Papiermaschinen-Längs- und
- Querprofilen nach Flächenmasse, Dicke, Farbe und Glanz inkl. einer Büroraum großen Rechenmaschine für die Datenanalyse (Abb. 8)
- Trocknungseinrichtungen für Papier zur Bestimmung der spezifischen Kenngrößen der Papiertrocknung
- Entwicklung und Aufbau neuartiger Kalanderkonzeptionen zur Optimierung des Satinageprozesses
- Aufbau einer Anlage zur Herstellung von Wellpappenstreifen zur Verbesserung der Lauffähigkeit von Wellpappenpapieren und der Verklebung von Wellpappe
- Einführung der Bildanalysesysteme und Entwicklung von Softwareprogrammen zur Analyse von Papierstrukturen (Sieb- und Filzmarkierung, Formation, Nadellöcher) und Bedruckbarkeit (Missing Dots, Mottling).
Einer wesentlichen Entwicklung im Fachgebiet hat Prof. Göttsching während seiner Amtszeit durch die Beschäftigung mit dem Thema Altpapier Vorschub geleistet. Die zunehmende Bedeutung als Rohstoff für die Papierherstellung war zum Zeitpunkt seines Amtsantritts zwar abzusehen, sicherlich nicht aber die Steigung, mit der die Altpapierverwertung in den nächsten drei Dekaden zunahm. Im Stoffaufbereitungstechnikum erfolgten Erweiterungen durch einen Drucksortierer und Fraktionator zur Stoffreinigung bzw. Faserfraktionierung sowie die Installation einer selbst gebauten Flotationszelle. In Verbindung mit diversen Pulpern, Flotations- und Waschzellen sowie Bleicheinrichtungen im Labormaßstab konnten zahlreiche Diplomarbeiten und einige Promotionen auf dem Gebiet der Altpapieraufbereitung durchgeführt werden. Drittmittel finanzierte Forschungsprojekte auf dem Altpapiergebiet wurden zunächst alleine, später immer häufiger in nationalen (z. B. BMFT-Projekt zur Steigerung der Altpapierverwertung oder BMBF-Projekt ÖKOPAP 2000) und internationalen (z. B. EU-Projekte DIP Bleaching und Enzymatic Deinking) Verbundsystemen durchgeführt. Hinzu kam die Erstellung von Studien und Prognosen für den Verband Deutscher Papierfabriken oder die EU-Kommission zur Entwicklung des Altpapiereinsatzes oder zu dem noch verfügbaren Altpapierpotenzial. Der Herausforderung des internationalen Wettbewerbs und der internationalen Zusammenarbeit auf diesem Gebiet hat sich Prof. Göttsching gestellt und sich den Ruf des „Altpapier-Papstes aus Darmstadt“ erarbeitet.
Das weltoffene Naturell von Prof. Göttsching war die Basis für die Kontaktpflege mit vielen Kollegen auf internationaler Ebene – vorausgesetzt, es gibt dort ein Papierinstitut oder zumindest eine Papierindustrie. Er war es, der nach dem 2. Weltkrieg intensive Beziehungen nach Osteuropa aufnahm, die ohnehin guten Kontakte zu Finnland aufrecht erhielt und neue nach Süd-, Mittel- und Nordamerika, Südafrika, Japan und Australien aufbaute. Seine rege Reisetätigkeit konnte er dabei nicht immer alleine bewältigen, so dass auch seine geschätzten Mitarbeiter häufiger Überseereisen im Auftrag des Instituts durchführen durften, was der Autor dieser Zeilen auch zu genießen wusste. Unvergessen sind aber auch die zahllosen Exkursionen mit Studenten und Mitarbeitern, die Prof. Göttsching regelmäßig ein Mal pro Jahr in Deutschland oder Europa durchführte. Grundsätzlich stellen Exkursionen für jeden Teilnehmer eine Weiterbildungsmaßnahme dar und erweitern den Horizont, wobei für Studenten und Mitarbeiter die Finnlandexkursionen immer von besonderem Reiz waren. Glanzlichter aller Exkursionen, zumindest für jene, die daran teilnehmen durften, waren aber sicherlich zwei Überseereisen. 1984 startete eine 16-köpfige Reisegruppe aus Mitarbeitern und ausgewählten Studenten nach Kenia und Südafrika, um dort die Zellstoff- und Papierindustrie sowie das Schwesterinstitut in Stellenbosch zu besuchen. Zwei Jahre später reisten fünf Institutsmitarbeiter nach China, um Papierfabriken zu besichtigen und Seminare in verschiedenen Papiermacherzentren abzuhalten. Sowohl die fachlichen als auch die kulturellen Eindrücke machten beide Reisen zu einem unvergesslichen Erlebnis.